Geschlechterwechsel in Fotografien von Jürgen Klauke

Die Genderthematik nimmt eine zentrale Rollen in vielen Arbeiten des deutschen Fotografen Jürgen Klauke. Er bearbeitet die Problemstellung der Rollenverteilung in den soziologischen Strukturen und der Schönheitsdefinition. Er setzt sich auseinander mit der Männlichkeit und Weiblichkeit als Geschlechtsatributik und der Selbstreflexion bezüglich der Sexualität und Geschlechtszugehörigkeit. 

Die Selbstporträts zu diesen Themen zeigen durch Inszenierung des Körpers und durch technische sowie szenische Ausführung eine parallele Dimension der Sexualität. Der Künstler arbeitet in seinen Projekten mit Prothesen der Geschlechtsteile, um Vielfältigkeit und Variabilität des Geschlechts zu verdeutlichen. Dabei standen die Prothesen als indirekte Zeichen der Körperlichkeit, denn als erkennbare, gefälschte Bestandteile des Körpers fungieren sie als Materialisierung des Geschlechts. So konnten die geschlechtlichen Merkmale, die zu Stereotypisierung verleiten können, von dem Körper abstrahiert und in manchen Fällen gänzlich separiert werden. Diese Prothesen sind nicht immer anatomisch korrekt hergestellt oder werden an die anatomisch korrekte Stelle angebracht. Manchmal sind die direkt am Körper angebracht, manchmal auch an der Kleidung. Die mediale Körperlichkeit, innerhalb welcher sich der Körper, das Geschlecht und das künstlerisch “Ich” abzeichnet,  wird mit fotografischen Mitteln definiert.

Das Zusammenspiel der Schärfe und Unschärfe, verlängerte oder mehrfache Belichtung der Bilder sorgen für das Verwischen und Verschwinden der Grenzen zwischen den Modis des Körpers. Durch Kombination der Beleuchtung, der Hintergründe, der Verkleidung und Maskierung erzeugt Klauke eine Verschmelzung von den nicht “hinzugehörenden Körperteilen” mit seinem Körper. In einem solchen Fall können dem männlichen Körper von Jürgen Klauke weibliche Merkmale zugeschrieben werden, er geht aber auch hier einen Schritt weiter und erzeugt eine zweistufige Geschlechtsreferenzierung durch Überlagerung unterschiedlicher Merkmale. 

In einem Interview sagt Jürgen Klauke, dass er den androgynen Look auch im Alltag pflegt. Jedoch gehen Arbeiten wie Selfperformance und die Transformer-Serien etc. über dieses Spiel der Aneignung des Weiblichen hinaus. “Mein Körper als Projektionsfläche multipler Identitäten und Geschlechter wird in die Kunst eingeführt”, – sagt Klauke

In den Fotoserien gibt es keine lineare Erzählung. Dadurch irritiert der Künstler den Betrachter. Die Geschlechtsmerkmale werden gemischt, ersetzt und manipuliert. Auf allen Fotografien sieht man die Person des Künstlers, der immer wieder mit unterschiedlichen Kombinationen der Geschlechter spielt, dabei erfindet er was Neues und bewegt sich stets unter dem Zusammenspiel des Objekts mit dem Subjekt. Somit kritisiert er die Rollenverteilung im genderbezogenen Kontext, er betont, dass die Differenzierung zwischen den Geschlechtern nicht sinngemäß ist, da jeder Mensch Aspekte der beiden Geschlechter in sich trägt. Er verzichtet dabei nicht auf seine Männlichkeit und gibt diese auch nicht ab, er verdeutlicht aber die Variabilität und Möglichkeit des Expandierens von einem Geschlecht ins Andere.

„Ich schlüpfe nicht in irgendwelche Rollen, ich will keine Frau sein, auch kein Anderer, schon gar nicht strebe ich nach Einheit und göttlicher Vollkommenheit – wenn schon – ‚strahlender Mischling’. Die eigene Identifizierung ist immer noch durch das Andere mo?glich – bewußtseinserweiternder Vorstoß an die Ränder und mit etwas Glück darüber hinaus.“

Bei allen Projekten sind Dokumentation und Inszenierung ineinanderverflochten. Dank dieser Vorgehensweise kann der Entwicklungsprozess der ganzen Serie beobachtet werden. Klauke erzeugt Bilder zwischen Männlichkeit und Weiblichkeit, dabei wird das Genderspiel mit Hilfe von Schminke, Requisiten und geschlechtlichen Attributen,aber auch fototechnisch erzeugt: die bewusste Auswahl von Kamerablickwinkel, das Spiel mit Licht und Schatten, Langzeitbelichtung und Diaphragmaeinstellung. Der Künstler nimmt die üblichen Vorstellungen auseinander, verändern Sie und setzen neu zusammen, um dieses sensible Thema auf künstlerische Weise kritisch zu behandeln. Klauke setzt sich mit der Differenzierung über das Geschlecht, die Funktion der Sexualität und der Identifizierung der Schönheit auseinander. Dabei bleibt die Selbstinszenierung aufgrund der Künstlichkeit stehts erkennbar um dem Betrachter die Möglichkeit zu bieten, für sich die Alternative Dimension der Diskurse vorzustellen, ohne dabei die Referenzierung auf eigene Realität aufzugeben.